Der folgende Artikel über die TIBS steht am 06.Juni 2011 im "Hanauer Anzeiger"
Silvia Schäfer führt vor, wie ein elektronisches Lesegerät für Sehbehinderte bedient wird. | Josef Ender liest mit den Fingerkuppen auf der Braillezeile, was für Sehende auf dem Bildschirm angezeigt ist. |
Fotos: Degen-Peters
Auch im
Dunklen kann es licht werden
Beratungsstelle TIBS
hilft Blinden und Sehbehinderten, mit technischen Hilfsmitteln selbst bestimmt
zu leben
Hanau (ju). „Das Leben geht weiter, auch in der Dunkelheit.
Und was ich geschafft habe, wird auch dir gelingen“ – das ist die
wichtigste Botschaft, die Silvia Schäfer und Josef Ender weitergeben können.
Die beiden sehbehinderten Menschen, der eine Vorsitzende, die andere Mitarbeiterin
der Technischen Informations- und Beratungsstelle für Blinde und Sehbehinderte
TIBS, die sich als Ansprechpartner für alle Betroffenen im Main-Kinzig-Kreis
versteht, machen nicht nur am heutigen internationalen Tag der Sehbehinderung
anderen Menschen Mut.
Die Hanauer Bezirksgruppe des Blindenbundes, in dem sich Sehbehinderte aufgehoben
fühlen können und Menschen finden, mit denen sie etwas unternehmen
oder sich zu Gesprächen treffen können, gibt es schon sehr lange.
Der Förderverein TIBS, der das Geld und das technische Equipment beschafft,
das Betroffenen bei den Beratungsterminen vorgestellt wird, existiert seit 1997
und ist seit 2005 im Hanauer Domizil an der Steinheimer Straße 1 zu finden.
Dort unterhält der Verein ein Büro neben den Büroräumen
des Blindenbundes, in dem Sprechstunden und Beratungen abgehalten werden. Und
Beratung tut Not. Denn wer sein Augenlicht einbüßt, der muss sein
Leben komplett umstellen, sagt Josef Ender. Er war viele Jahre lang Vorsitzender
der Hanauer Bezirksgruppe des Blinden- und Sehbehindertenbundes. Seit zwei Jahren
ist er Vorsitzender des Fördervereins, wobei er betont, dass die Betätigungsfelder
beider Vereine ineinander greifen.
Neben der psychischen Belastung, die die „Verdunkelung“ oder Einengung
des Gesichtsfeldes mit sich bringt, ist auch eine Fülle von praktischen
Dingen zu berücksichtigen, die das Leben erleichtern können. Dazu
gehören spezielle Lesegeräte, ein Organizer namens „Pronto“
oder ein „Daisy-Player“, mit dem man Zeitung hören oder sich
ganze Bücher vorlesen lassen kann.
Auch die Seele braucht Trost
Wer in die Beratungsstelle am Steinheimer Tor kommt, hat meist eine ganze Fülle
von Fragen. Er braucht nicht nur seelische Unterstützung, wie Ender und
Schäfer erklären, Er muss auch wissen, wie er seinen Alltag besser
meistern kann. „Wer ganz frisch mit der Diagnose konfrontiert wird, dass
er nie mehr wird sehen können oder durch eine Krankheit sein Augenlicht
verliert, der ist verzweifelt und hilflos“, erklärt Ender. Da sind
neben psychologischem Feingefühl vor allem Rat und Tat in praktischer Hinsicht
gefragt. Und diese kreisen um das Thema: „Wie kann ich mein Leben selbstbestimmt
meistern?“.
Silvia Schäfer, die eine Ausbildung zur Reha-Beraterin und Softwareunterweisung
gemacht hat, weiß, wovon sie spricht. Die junge Frau verfügt noch
über ein Prozent ihres Sehvermögens. Wenn ein Besucher vor ihr steht,
nimmt sie zwar dessen schemenhafte Umrisse wahr, doch mehr nicht.
Die TIBS-Mitarbeiterin zeigt auf die Hilfsmittel, die sie vor sich auf dem Tisch
aufgebaut hat. Sie schwört etwa auf den Organizer namens „Pronto“.
Das Gerät speichert Notizen und private Aufzeichnungen, dort lässt
sich alles „aufheben“, was man immer wieder braucht: die Nummer
des Personalausweises, Aktenzeichen, Steuernummern und mehr. „Da ist ein
Blindfisch normal aufgeschmissen“, sagt Schäfer salopp. Terminkalender
und Adressdatenbank sind dort gut verwahrt. Jeder Nutzer hat die Wahl, ob seine
Notizen in Brailleschrift lesen oder sich von einer Stimme vortragen lassen
möchte. Mit dem Gerät kann man sich auch von unterwegs ins Internet
einklinken, und kann beispielsweise Zugverbindungen abfragen.
Für Menschen, die nicht blind aber bereits stark sehbehindert sind, gibt
es Lesegeräte, die ebenfalls in der TIBS-Beratungsstelle vorgeführt
werden können. Die Texte lassen sich dort in der gewünschten Größe
auf einen Bildschirm übertragen und können Stück für Stück
weitergescrollt werden. Welches Hilfsmittel für welche Menschen und welche
Form der Sehbeeinträchtigung geeignet ist, auch dazu können sich Betroffene
bei TIBS beraten lassen.
Damit die Einrichtung den Sehbehinderten Hilfe zur Selbsthilfe geben kann –
auch technische Hilfsmittel können dort käuflich erworben werden –
braucht der gemeinnützige Verein Unterstützer und Förderer. Rund
30 Mitglieder hat er bisher. doch weitere Mitstreiter werden gesucht. Vorstellbar
wären auch Firmen, die sich für Sehbehinderte engagieren und eine
Mitgliedschaft bei TIBS eingehen“, sagt Ender.
An jedem ersten Mittwoch im Monat ist Sprechstunde, die allerdings im Vorfeld
telefonisch vereinbart werden sollte. Darüber hinaus können auch an
anderen Tagen Gespräche ausgemacht werden.
Die Beratungsstelle am Steinheimer Tor 1 ist unter Telefon 0 61 81/95 66 63
zu erreichen oder via E-Mail.
www.tibsev.de