Erblindung kann jeden treffen
Mut machen für Leben
ohne Augenlicht: Blindenbund feierte 80-järhueges Bestehen
Hanau (grü) Claudia
Zander ist blind. Ihre Restsehkraft liegt bei zehn Prozent. Ihr Augenlicht verlor
sie durch eine Star-Erkrankung schon bei der Geburt. Hindernisse, wie etwa Baustellen,
sieht sie nur schemenhaft. Und wenn diese nicht mit entsprechend kontraststarken
Rot-Weiß-Markierungen gekennzeichnet sind, läuft sie auch schon mal
gegen die Absperrung. Die Touchscreen-Bildschirme in der Bank kann sie nicht
bedienen und wenn die Bürgersteige mit Außenregalen von Geschäften
verstellt sind, wie in der Nürnberger Straße, wird Einkaufen zum
Hindernislauf.
Solche Probleme teilt Claudia Zander mit vielen anderen Blinden, die sich im
Hanauer Blindenbund organisiert haben. Der Verein feierte am Samstag 80-jähriges
Bestehen.
„Blinde galten früher als Außenseiter und wurden in Anstalten
weggeschlossen. Zur Zeit der Nazis galten das Leben der Blinden als nicht lebenswert.
Betroffene wurden kastriert oder sterilisiert. Eine der wenigen beruflichen
Perspektiven war Bürstenbinder“, sagt Josef Ender, Vorsitzender des
140 Mitglieder starken Bildenbundes Hanau.
Vieles hat sich seitdem in der Blindenwelt verändert. Während Blinde
früher auf einen Vorleser hoffen mussten, wenn sie ein Buch zur Hand nehmen
wollten, gibt es heute Scanner, die die Texte abnehmen und dem Gegenüber
vorlesen. Farberkennungsgeräte sagen, ob ein Pullover, den man sich gerade
aus dem Regal gezogen hat, rot oder blau ist. Und spezielle Computerprogramme
vergrößern die Schriften, so dass Blinde und Sehbehinderte heute
fast jeden PC-Beruf ausüben können. Und doch ist der Verlust der Sehkraft
häufig gleichbedeutend mit Isolation. Vor allem Ältere leiden darunter.
„Dann wird die Zeitansage einer Blindenuhr zum einzigen ,Gesprächspartner‘“,
so Ender.
Für mehr Integration der Blinden in die Gesellschaft macht sich der Hanauer
Blindenbund stark und fordert jeden einzelnen auf, die Hemmschwelle zu überwinden
und den Kontakt mit Blinden zu suchen - sei es als förderndes Mitglied
oder als helfende Hand für Einkäufe, zum Erledigen von Post oder als
Vorleser. „Jeder kann von Blindheit betroffenen werden,“ sagt Ender.
„85 Prozent der Erblindungen geschehen im Laufe des Lebens durch Krankheit
oder Unfälle.“
„Manche sitzen dann nur noch auf dem Sofa. Denn es gehört auch Mut
dazu, auf die Straße zu gehen und zu riskieren, gegen einen Pfahl zu stoßen,“
so Ender. Doch „der Weg geht weiter“, ist die Botschaft, die der
Blindenbund in Beratungsgesprächen vermitteln möchte. Kontakte zu
Betroffenen helfen, Alternativen für die neue Lebenssituation zu entwickeln.
Nähere Infos oder Beratungen bietet der Blindenbund im Haus am Steinheimer
Tor oder unter 06181/956663 (11 bis 14 Uhr) oder auf der Webseite für Sehbehinderte.
@www.tibsev.de