Am 14.Oktober erschien folgender Artikel über unseren Infostand im "Hanauer Anzeiger":

 

 

Vom Korbflechter zum Computerfachmann

Michael Rabsch mit dem HA-Praktikanten. Er soll zwei Wörter in Blindenschrift entziffern.

Blinde emanzipieren sich auch beruflich - Informative Ausstellung in der Sparkasse Hanau - Blindenbund-Geschäftsstelle umgezogen


Hanau (mkl). Michael Rabsch wusste den 15-jährigen Fritz Grosch vor eine knifflige Aufgabe zu stellen. Der HA-Praktikant sollte einen kurzen Text entschlüsseln, den der 38-Jährige in Blindenschrift (siehe Box) zu Papier gebracht hatte. Trotz des Hilfsmittels analoger Buchstaben musste der Schüler der Otto-Hahn-Schule passen, wusste das Abtasten der erhabenen Punkte nicht in Worte zu fassen. Alles im Leben will gelernt sein.
Das weiß auch Michael Rabsch, der als Kind nach Behandlung eines Gehirntumors über einen Zeitraum von 15 Jahren nach und nach erblindete und sein Schicksal offensiv in die Hand genommen hat - wie zum Beispiel den weißen Stock, der ihm hilft, selbstständig durch die Stadt zu gehen. "Mich ärgert sehr, wenn Passanten ungebeten meinen, helfen zu müssen. Trotz meiner Behinderung will ich nicht besser und nicht schlechter als Sehende behandelt werden. Wir brauchen kein Mitleid, sondern Verständnis, dass wir ein Recht auf ein selbstständiges Leben haben", unterstreicht Rabsch, der sich für dieses Ziel in der Bezirksgruppe Hanau des Blinden- und Sehbehindertenbundes in Hessen engagiert. Zurzeit informiert die Selbsthilfegruppe, die im Main-Kinzig-Kreis 150 Mitglieder zählt, mit einem Stand im Foyer der Sparkasse am Marktplatz über ihre Arbeit. Aktueller Anlass für die Öffentlichkeitsarbeit ist die "Woche des Sehens", die bundesweit begangen wird. Am heutigen Freitag bietet sich der interessierten Öffentlichkeit die letzte Gelegenheit, sich im Geldinstitut über die Arbeit des Blindenbundes zu informieren.
Diese Arbeit wird jetzt nach dem Umzug der Geschäftsstelle von Großauheim in das Senioren- und Sozialzentrum an der Steinheimer Straße 1 koordiniert. "Wir wollen Menschen helfen, die erblindet sind oder denen der Verlust des Augenlichts droht, sich nicht selbst zu isolieren und in der Gemeinschaft wieder Lebensmut zu fassen", sagt Brigitte Ender. Die Frau des Ersten Vorsitzenden Josef Ender zählt wie Dorothea Sturaro zu den zirka 50 sehenden Mitgliedern, die helfen Freizeitaktivitäten wie Tageswanderungen sowie einmal im Jahr eine große Fahrt zu organisieren. Zudem wird jeden letzten Freitag im Monat, ab 19 Uhr, zum gemütlichen Stammtisch in der Hanauer Gaststätte "Weißer Ochse" eingeladen.

Kampf um das Blindengeld
Ungemütlich, ja kämpferisch können die Blinden werden, wenn sie sich von Staats wegen ungerecht behandelt fühlen. So haben am vergangenen Samstag in Erfurt 6000 Behinderte - darunter zehn Demonstranten aus Hanau - gegen die Abschaffung das Blindengeldes protestiert. Diese Einsparung, die in Niedersachsen bereits in die Tat umgesetzt wurde, hat die thüringische Landesregierung jetzt ins Auge gefasst. In Hessen wurde das Blindengeld um 82 auf 503 Euro im Monat gekürzt. "Diese Beihilfe ist unverzichtbar, wird das Geld doch zur Anschaffung von modernen Vorlesegeräten oder blindengerechten Computern verwendet, die die Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben sichern", bekräftigt Brigitte Ender. Bestes Beispiel ist ihr Mann. Der blinde Josef Ender arbeitet in einer Firma bei Neckargemünd, die Zusatzgeräte für Computer - wie zum Beispiel Braillezeilen - herstellt. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts waren Blinden zumeist nur handwerkliche Berufe vorbehalten, wie Korbflechter oder Bürstenmacher.

Kontakt zum Blindenbund kann durch Josef Ender in Hanau, Telefon 0 61 81/3 26 61, und Silvia Schäfer in Schlüchtern, Telefon 0 60 56/45 73 aufgenommen werden.

 

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